Da braut sich was zusammen

Samstag, 24.10.2015

Wir sagen „Adios, Santa Fe“, und es geht gutgelaunt bei schönem Wetter weiter.

Albuquerque hat einen hübschen kleinen Stadtkern zu bieten. Das Bild von Santa Fe wiederholt sich, nur sind Plaza und Läden etwas kleiner dimensioniert, und es sind weniger Touris unterwegs. Die Plaza ist von Bäumen umstanden. Manchmal tritt im Musikpavillon eine Band auf und spielt mexikanische Rhythmen.

 

     

Eine alte Kirche im Adobe-Stil mit Kirchgarten

  

Nach einem Rundgang ziehen wir weiter und überqueren den Rio Grande

On the Route 66 again     

Bei Rio Puerco gibt es eine alte Stahlbrücke aus dem Jahre 1933 zu bestaunen.

          Das Flussbett ist ausgetrocknet, das sehen wir oft.

Im Nest Villa de Cubero soll Ernest Hemingway in den 30er Jahren an seinem Roman „Der alte Mann und das Meer“ geschrieben haben. Wir haben inzwischen Schietwetter und fahren die neben der Route 66 verlaufende Interstate 40.

         Schon seit einiger Zeit türmen sich dicke Wolkenbänke über uns auf. Dort, wo es am dunkelsten ist, schießen gewaltige Blitze vom Himmel. Leider fahren wir genau darauf zu. Der Himmel über uns ist dunkelgrau, es beginnt zu regnen. Erst mäßig, dann heftiger. 

Werner, der extremes Wetter liebt, ernennt mich als Beifahrerin zur „Tornado-Beauftragten“, denn bei solchen Bedingungen entwickelt sich in diesen Landstrichen gern mal ein Tornado. Ein bisschen mulmig wird mir schon, wenn ich die Blitze und schwarzen Wolkenmassen über uns, hinter uns, neben uns und vor uns sehe... Aber: Das Land ist weit, der Himmel hoch, das Auto klein, da wird es wohl kaum ausgerechnet uns treffen. Ich war schon immer der Meinung, dass man das eigene Leben überbewertet. Es macht ja doch nicht, was man will ;-)
Tja, und dann gucke ich zufällig auf's Handy und traue meinen Augen nicht:

 

„Tornado-Warnung in dieser Gegend bis 14.15 Uhr. Suchen Sie jetzt Schutz. Beachten Sie Medien-Meldungen.“

Sehr lustig. Hier ist weit und breit nur Pampa. Als Tornado-Beauftragte informiere ich den Fahrer natürlich umgehend: „Oh nee, huuuaaaa, hier steht, wir sollen Schutz suchen.“ - „Aha, und wo?“ kommt es trocken von Werner. Den leicht belustigt-ironischen Tonfall überhöre ich geflissentlich.

Ich, leicht hektisch: „Weiß nicht, keine Ahnung, guck doch mal, was die anderen machen.“ Typisch. Wenn es ernst wird, ist das Rudel wieder gut genug... Die Autobahn ist nicht stark befahren, aber hinter uns sind zwei Lichter zu sehen. Wir kommen an einer Abfahrt vorbei. Werner: „Die hinter uns fahren ab.“ Na toll. Die haben alle ein Zuhause. Bloß wir fahren hier als Lustreisende herum...

Aber vor uns sind noch Rücklichter zu sehen. Werner gibt Gas. Ich, leicht genervt: „Kannst du die da vorn bitte NICHT überholen?“ Doch als Tornado-Beauftragte muss ich umsichtig agieren und füge deshalb erklärend hinzu: „Falls etwas passiert, sind wir wenigstens nicht allein in der Grütze hier.“ Werner lacht. In den Filmen, die er gesehen hat, drehen die Leute im größten Schlamassel immer noch die tollsten Videos vom Tornado direkt vor ihnen.

Dann meldet er:„Da kommen noch welche hinter uns.“ Na Gott sei Dank. Man wird uns finden und Erste Hilfe leisten. Hoffentlich filmt das niemand. Ich gucke unruhig auf die Uhr. Als wüsste das Wetter, dass es um 14.15 Uhr besser werden muss. Dann fotografiere ich die Handy-Meldung und beruhige mich mit dem Gedanken: „Solange du noch den Tornado-Alarm fotografierst, kann es so schlimm nicht sein. Und wenn doch, hat die Nachwelt wenigstens kein Problem mit der Ursachenforschung.“

Was einem nicht so alles Abstruses in den Sinn kommt, wenn die Natur macht, was sie will und man sich ganz klein fühlt... Und dann wird es 14.15 Uhr und das schlimmste Unwetter ist vorbei. Hinter uns ist es noch finster, aber ansonsten klart es auf.

Wir kommen zur kontinentalen Wasserscheide. Sie ist hier über 2.200 Meter hoch und bildet das Rückgrat des amerikanischen Kontinents. Alles Wasser, das nach Westen fließt, geht in den Pazifik und nach Osten über den Golf von Mexico in den Atlantik.

Dann erreichen wir die Ausläufer von Gallup und sehen die zweite Moschee auf unserer Tour.

     

Interessant, denn Gallup ist das Zentrum vieler Indianerstämme, die sich hier regelmäßig zu Intertribal Veranstaltungen treffen. Im Sommer finden jeden Abend Tänze statt. Südlich der Stadt liegt das Reservat der Zuni, nördlich das der Navajos. Darüber hinaus ist dreierlei in Gallup bemerkenswert:

- Der Rangierbahnhof parallel zur Hauptstraße, der Route 66

- Die Tatsache, dass man sonntags in ganz Gallup keine alkoholischen Getränke bekommt

- Das El Rancho Hotel, das 1937 gebaut wurde und Stars wie John Wayne, Kirk Douglas, Humphrey Bogart, Spencer Tracy, Gregory Peck, Burt Lancaster, Robert Mitchum, Katherine Hepburn und Ronald Reagan beherbergt hat. Um nur einige zu nennen. Die Fotos nebst Autogramm hängen an der Wand der oberen Galerie. Das El Rancho wurde vom Bruder eines damals bekannten Filmproduzenten gebaut und war daher Hauptquartier der jeweiligen Filmcrews, die Western und ähnliche Filme in der Umgebung drehten.                                                  

                        

Wir lassen es uns nicht nehmen und buchen zu zivilem Preis ein Zimmer für die Nacht.

Leider verfehlen wir Humphrey Bogart, der nebenan logierte, und erhalten Zimmer 211, in dem einst Schmalzbacke Errol Flynn wohnte. Das Zimmer hat viel Charme inklusive eines leichten Muffelfaktors. Aber der lässt sich ignorieren, denn es ist sauber und geräumig, und es gibt große altmodische Fenster über Eck, die sich hochziehen lassen. Das Bad ist winzig, aber ebenfalls sauber.

                    

Irritierend, dass die Zimmertür eine Klappe zum Herunterziehen hat, mit der sich offene Holzlamellen verbergen lassen. Schnell wird klar, dass dies früher als Klimaanlage diente. Man öffnete das Fenster gegenüber und zog die Klappe der Eingangstür hoch, sodass Luft durch die Lamellen strömen konnte. Leider fehlt der Pinökel, der die Klappe sicherte, deshalb stopfen wir Papier hinein.

         

Auf der oberen Galerie gibt es einen „Restroom for Ladies only“, der ebenfalls wie aus der Zeit gefallen wirkt. Man kann sich gut vorstellen, wie die Damen sich dort die Nasen puderten und ein wenig auf der samtbezogenen Bank pausierten. Was für Gespräche hier wohl geführt wurden?

    

Das Beste aber ist sind Foyer und Galerie, sogar einen Schuhputz"thron" gibt es (leider nicht fotografiert):

                   

und damit für heute Bye Bye!

Eure Werner und Helga